Das Verfahren der Kollegialen Beratung und Supervision

1. Sitzungsablauf KoBeSu kurz skizziert:
– Klärung: Wer ist heute ratsuchende Person?

– Phase 1: Sicherheit und Vertrauen (ca. 45 Minuten)
Die Ratsuchende Person berichtet von ihrem Anliegen. Die Beratergruppe hört aktiv zu und unterstützt damit den Klärungsprozess der Ratsuchenden Person, die hierdurch ihre Sichtweisen aussprechen kann und so einer möglichen Veränderung zugänglich macht.

– Pause: (ca.15 – 30 Minuten)
In der Pause wird Abstand genommen vom Problem der Ratsuchenden Person. Die Pause dient dem informellen Austausch der Gruppenmitglieder in einer angenehmen Atmosphäre.

– Phase 2: Skepsis und Konfrontation (ca. 35 Minuten)
Die Beratergruppe wählt aus etwa 20 Konfrontationsmethoden vier bis sechs Methoden aus und schlägt diese nacheinander der Ratsuchenden Person vor. Nur bei Zustimmung der Ratsuchenden Person wird konfrontiert.
Die ausgewählten Konfrontationsmethoden ermöglichen zugeschnitten auf das Problem der ratsuchenden Person ggf. einen Perspektivwechsel, einen Sortiervorgang oder die Auseinandersetzung mit Außensichten.

– Abschlussblitzlicht

2. Sitzungsablauf KoBeSu ausführlicher vorgestellt:

Das Verfahren der Kollegialen Beratung und Supervision besteht aus meist zwei, in wenigen Fällen auch drei Phasen:

  1. Phase: Sicherheit und Vertrauen 
    (Explikation der Subjektiven Theorien)
  2. Phase: Skepsis und Konfrontation 
    (Modifikation der Subjektiven Theorien)
  3. Phase: Entwicklung von Handlungsalternativen 
    (Evaluation und Sicherung der Subjektiven Theorien)

Erste Phase „Sicherheit und Vertrauen“
In der ersten Phase, der Phase „Sicherheit und Vertrauen“ geht es darum, dass die ratsuchende Person ihre persönlichen Sichtweisen der Dinge, der Problemlagen die sie bewegt ausspricht. Die ratsuchende Person berichtet also, während die Gruppenteilnehmer zuhören.

Nun berichtet die ratsuchende Person nicht nur einfach monologisch in den Raum hinein, sondern die Gruppenteilnehmer versuchen durch AKTIVES, anteilnehmendes Zuhören, den Klärungsprozess der ratsuchenden Person zu unterstützen. Für die ratsuchende Person bedeutet dieses Vorgehen, dass die ausgesprochenen Sichtweisen und Einstellungen, also ihre SUBJEKTIVEN THEORIEN einer Bearbeitung zugänglich gemacht werden. Die Subjektiven Theorien werden dargelegt, sie werden in ihren Bezügen und Strukturen (der ratsuchenden Person) deutlich.

Das aktive und anteilnehmende Zuhören der Gruppenmitglieder leistet hier entsprechenden Vorschub bei der Klärungsarbeit. Aktives und anteilnehmendes Zuhören der Gruppenmitglieder bedeutet, dass die Gruppenmitglieder drei Dinge tun, um möglichst gut zu verstehen, was die ratsuchende Person ausdrücken will:

  • Durch nonverbale Signale, einer zugewandten Körperhaltung und Blickkontakt zeigen die Gruppenmitglieder, dass sie zuhören. 
  • Durch inhaltliche Zusammenfassungen und Strukturierungen machen die Gruppenmitglieder transparent, wie sie die Sachzusammenhänge verstanden haben.
  • Durch emotionale Rückmeldungen geben die Gruppenmitglieder zu verstehen, welche Gefühle, Wünsche und Hoffnungen sie bei der ratsuchenden Person vermuten.

Durch die nonverbalen Signale, paraphrasierende Zusammenfassungen des Inhalts und emotionale Rückmeldungen der Gruppenmitglieder fühlt sich die ratsuchende Person angenommen und traut sich, weiter von ihren Anliegen zu berichten.

Nach etwa einer Stunde hat die ratsuchende Person von ihrem Anliegen vollständig berichtet. Es folgt eine Pause von etwa einer halben Stunde, bevor die zweite Phase beginnt.
Zweite Phase: Skepsis und Konfrontation
Während das Ziel der ersten Phase darin besteht, dass die ratsuchende Person ihre subjektiven Sichtweisen darlegen – explizieren – kann, besteht das Ziel der zweiten Phase darin, der ratsuchenden Person Skepsis entgegenzubringen und sie zu konfrontieren. Damit soll die ratsuchende Person die Möglichkeit erhalten, ihre Subjektiven Theorien zu überprüfen und ggf. zu (ver)ändern. Damit die Konfrontationselemente auf der Sachebene bei der ratsuchenden Person ankommen und auf der Beziehungsebene ein sorgsamer Umgang gepflegt wird, erfolgt die Phase der „Skepsis und Konfrontation“ sehr stark ritualisiert:

Vor Beginn der zweiten Phase fragt der Moderator der jeweiligen Sitzung, ob die ratsuchende Person noch etwas zu berichten hat, was sie in der ersten Phase vergessen hat. Ist das nicht der Fall, schlägt der Moderator den Eintritt in die Phase der „Skepsis und Konfrontation“ vor. Da die ratsuchende Person immer, also auch jetzt selbstbestimmt handelt, muss sie der zweiten Phase zustimmen.

Der Moderator berät sich mit der Gruppe, welche Konfrontationsmethode der ratsuchenden Person vorgeschlagen werden soll und schlägt der ratsuchenden Person diese Methode vor. Auch hier hat die ratsuchende Person die Möglichkeit, die vorgeschlagene Konfrontationsmethode abzulehnen.

Wenn beispielsweise die ratsuchende Person mit der Methode „auftauchende Bilder und Assoziationen“ einverstanden ist, berichten die Gruppenmitglieder reihum von ihren Bildern und Assoziationen während der ersten Phase. 
Folgt dann beispielsweise die Methode „Behalten und Loslassen“, wird die ratsuchende Person reihum die Frage gestellt: 
„Was möchtest Du von deinem Problem behalten und was möchtest du los werden?“ 
Mit dieser Fragestellung wird die Ambivalenz von Problemen behandelt.

Beide hier aufgeführten Konfrontationsmethoden und auch alle weiteren müssen sich konkret aus dem Zusammenhang der Problemlage der ersten Phase ergeben. Sie haben hier lediglich Beispielcharakter und keine grundlegende Verfahrensbedeutung.

Durch diese Bearbeitung in einer Sitzung erfährt die ratsuchende Person sowohl Verständnis als auch skeptische Sichtweisen zur geäußerten Problemlage, was letztlich zur Modifikation der eigenen Sichtweisen mit beiträgt.

Dritte Phase: Entwicklung von Handlungsalternativen
In der dritten Phase wird eher selten gearbeitet. Sie ist nur dann sinnvoll, wenn eine GruppenteilnehmerIn ihre neuen Handlungspläne im geschützten Raum der Supervisionsgruppe statt im Alltag überprüfen möchte.

Anmerkungen
Dargestellt wurde hier skizzenhaft der Ablauf einer möglichen Supervisionssitzung.
Vielleicht werden Sie beim Lesen des Textes überrascht sein, dass die Supervisonsgruppe keine Tipps gibt, oder Lösungsvorschläge unterbreitet. Im Konzept des Beratungs- und Supervisionsmodells würde dies ein Eingehen auf die Subjektiven Theorien der ratsuchenden Person bedeuten, was die angestrebte Veränderung der Subjektiven Theorien behindern würde. Daher gibt es auch kein Trösten oder Ergründen und Erklären von Problemen, Schwierigkeiten und Konflikten.